fbpx
Margit Hermentin, Elisabeth, Diana

24-Stunden-Betreuung und Pflege: Reden wir über Qualität! (3)

Die aktuellen Debatten zeigen: Das Pflegesetting 24-Stunden-Betreuung braucht qualitative Mindeststandards - auch im Umgang mit den Betreuungs- und Pflegekräften!

Reden wir über Qualität in der 24-Stunden-Betreuung und Pflege!

Das bestimmende Thema in unseren Blogbeiträgen ist aktuell die Qualität in der 24-Stunden-Betreuung: Wie bzw. woran können Kunden sie erkennen? Wie kann sie gesichert und weiterentwickelt werden? Welche Rolle spielt das Österreichische Qualitätszertifikat für Vermittlungsagenturen in der 24-Stunden-Betreuung, das ÖQZ-24?

Detaillierte Antworten darauf finden sich in den beiden hier verlinkten Blogbeiträgen:

https://gutbetreut.at/24-stunden-betreuung-und-pflege-reden-wir-ueber-qualitaet-1/

https://gutbetreut.at/24-stunden-betreuung-und-pflege-reden-wir-ueber-qualitaet-2/

Darüber hinaus ist es Pflegeexpertin Margit Hermentin, der Gründerin und Geschäftsführerin von GUTBETREUT.AT ein großes Anliegen, zur aktuellen Diskussion Stellung zu nehmen, die durch die rechtlich problematische Situation der 24-Stunden-Betreuung in Deutschland ausgelöst wurde. Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Zeilen sind einige Aspekte aus oben verlinkten Blogbeiträgen nochmals in Kurzform wiedergegeben:

Anmerkungen zur aktuellen Debatte um die 24-Stunden-Betreuung

„Beginnen wir mit ein paar Basisinformationen: In Österreich haben aktuell rund 462.000 Menschen Anspruch auf Pflegegeld. 5,5% von ihnen, also über 25.000 Menschen werden im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung, vorwiegend von PersonenbetreuerInnen aus dem EU-Ausland bzw. aus Drittstaaten umsorgt. In der Regel kommen auf eine rund um die Uhr gepflegte und betreute Person zwei PflegerInnen, die sich im 14-Tage- oder Monatsrhythmus in der Betreuung abwechseln und während ihrer Dienstzeit im Haushalt der betreuten Person leben“, erläutert Margit Hermentin.

Vermittelt werden die bis zu 80.000 in Österreich arbeitenden PersonebetreuerInnen großteils von Agenturen. Deren Leistungskatalog umfasst Beratung und Kommunikation der bzw. mit den zu pflegenden Personen bzw. deren Angehörigen, die Abklärung des Betreuungsbedarfs und der räumlichen Situation, die laufende Kontrolle des Betreuungsprozesses durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal etc.

In Österreich gibt es etwa 900 Vermittlungsagenturen für 24-Stunden-Betreuung. Genau 38 von ihnen (Stand November 2021, GUTBTETREUT.AT ist auch darunter) haben sich bisher erfolgreich dem Assessment zur Erlangung des „Österreichischen Qualitätszertifikats für Vermittlungsagenturen in der 24-Stunden-Betreuung – ÖQZ-24“ (www.oeqz.at) unterzogen. Das ÖQZ-24, eingeführt 2019, definiert Mindeststandards in der 24-Stunden-Betreuung, sowohl was den Vollzug der Pflege- und Betreuungsarbeit betrifft, als auch hinsichtlich des Umgangs mit KundInnen und mit den selbstständigen PersonenbetreuerInnen. Dazu gehören Themen wie die Transparenz von Verträgen und Leistungsvereinbarungen, die Abwicklung der Bezahlung, aber auch das Monitoring durch Fachpersonal oder die garantierte Ersatzstellung bei Ausfall einer Betreuungsperson. „Die geringe Zahl an zertifizierten Agenturen liegt wohl zum einen an den Kosten und Herausforderungen des Assessments, zum anderen an der Freiwilligkeit des ÖQZ-24“, vermutet Hermentin.

„Zu der mit Ende Juni 2021 aufgeflammten Diskussion, in der das Pflegesetting 24-Stunden-Betreuung pauschal als Ausbeuterei und Menschenrechtsverletzung gebrandmarkt wird, möchte ich folgende sechs Punkte beisteuern, um die Debatte zu versachlichen:

  • Die staatliche Förderung der 24-Stunden-Betreuung in der Höhe von 550 Euro monatlich wurde seit ihrer Einführung 2007 nicht wertangepasst. Eine Angleichung bzw. jährliche Anpassung der Förderung an den Verbraucherpreisindex ist überfällig und ergäbe eine Win-Win-Situation für Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und die PersonenbetreuerInnen.
  • Wenn die politischen VerantwortungsträgerInnen die Weiterentwicklung von Qualitätsstandards in der 24-Stunden-Betreuung forcieren wollen, wäre es konsequent, jenen Pflegebedürftigen, die eine ÖQZ-zertifizierte Agentur beauftragen, auch eine höhere Förderung zuzubilligen. Das würde über kurz oder lang die Zertifizierungszahlen anheben und den heimischen Arbeitsmarkt für PersonenbetreuerInnen attraktivieren.
  • Ein höheres Nettoeinkommen der ausländischen PflegerInnen ließe sich auch durch eine Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge in Österreich Zumal die PersonenbetreuerInnen nur die Hälfte der Zeit in Österreich verbringen und ärztliche Leistungen meist in ihrem Heimatland in Anspruch nehmen.
  • Es ist legitim, dass die selbstständigen PersonenbetreuerInnen eine gesetzliche Vertretung in der Wirtschaftskammer haben. Ob die Höhe der Grundumlage (z. B. € 90,- in NÖ) dem Einkommen der Vertretenen bzw. dem Leistungsangebot der Fachvertretung entspricht, darf aber hinterfragt werden.
  • Aus unserer Sicht ist das Angebot der 24-Stunden-Betreuung alternativlos. Weder die Angehörigenpflege, noch die unter Personalknappheit leidende Hauskrankenpflege könnten kompensieren, was PersonenbetreuerInnen rund um die Uhr für die Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf leisten. Letztere hätten ohne 24-Stunden-Betreuung nicht mehr die Möglichkeit, den Lebensabend in ihrem vertrauten Wohnumfeld zu verbringen. Sie müssten – früher als notwendig – in das ungeliebte und volkswirtschaftlich ungleich teurere Setting der stationären Pflege wechseln, dessen Kapazitäten ebenfalls limitiert sind.
  • Die in der aktuellen Debatte aufgetauchten Ideen, PersonenbetreuerInnen in einer von der öffentlichen Hand geführten Agentur anzustellen, halten wir u. a. deshalb für nicht durchdacht, weil neue bürokratische Ebenen in erster Linie Geld kosten, das besser in einer effizienteren Förderung der Bedürftigen und in höheren Honoraren der PersonenbetreuerInnen angelegt wäre. Außerdem würde sich die Frage der Qualitätssicherung gerade in großen bürokratischen Gebilden recht schnell erneut stellen. Meist fehlt es an externer Kontrolle, auf aktuelle Entwicklungen wird viel zu langsam reagiert. Der Qualitätswettbewerb der Agenturen hingegen garantiert für Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörige maßgeschneiderte Betreuungslösungen. Und der Wettbewerb um gute Betreuungskräfte zwingt die Agenturen, die von ihnen vermittelten PflegerInnen so gut wie möglich zu behandeln“, so Margit Hermentin abschließend.

Foto: Margit Hermentin (links) mit Kundin Frau Elisabeth und 24-Betreuerin Frau Diana. © Thomas Huber

NACH OBEN